Waldbaden

Im Wald ist …

„… für mich ein Stück gute Kinderzeit aufbewahrt. Als Kind fand ich Natur meist öde – womöglich Spaziergänge, sinnloses Herumlaufen an diesen endlosen Sonntagen, an denen nichts los war und man sich mit der Kleidung vorsehen musste. Bis ich, das Stadtkind, einen zwanglosen, in meiner (zweifellos verklärten) Erinnerung ausschließlich sonnigen Sommer und frühen Herbst bei Verwandten auf dem Land verbrachte, mit dem Wald gleich hinterm Haus: Abendstille, wenn kurz vor dem Einschlafen die Vogelstimmen immer weniger wurden, Rauschen in den hohen Baumkronen, auch wenn gar kein Wind zu gehen schien, Sonne, die so auf die Sandwege brannte, dass man nicht mehr barfuß laufen konnte, würziger Geruch der herabgefallenen Kiefernzapfen, modriger, erdiger Duft der Steinpilze im Herbst. Alle diese Wahrnehmungen haben sich tief eingeprägt. Wenn ich heute in den Wald gehe, wird manches davon wieder lebendig und beim Blick nach oben durchs Blätterdach, das den Himmel rahmt, fühlt sich das Leben manchmal ganz ungezwungen und frei an.“

Was bedeutet Dir Wald? Was könnte er für Dich werden?

Waldbaden ist wie ein Spaziergang – nur anders

Ein Spaziergang mit Achtsamkeits- und/oder Atemübungen und Entspannungstechniken aus dem Yoga oder Qigong. So weit so nüchtern.

Das allein erklärt aber nicht, warum es neuerdings so viele Menschen in den Wald zieht, ein Interesse wächst, sich dort auch gemeinsam, in Begleitung aufzuhalten. Ein Antrieb mag sein, sich in veränderten Zeiten wie der Pandemie, neue (Frei-)Räume zu erschließen und dafür positive Erfahrungen zu reaktivieren oder Fragen einmal anders, vertieft in den Blick zu nehmen. Der Wald ist eine Einladung zum Durchatmen, sich Einlassen auf Ruhe und darauf, sinnlichen Wahrnehmungen nachzuspüren. Grübelgedanken, Sorgen und Herausforderungen dürfen Pause machen.

Was brauchst Du für ein Waldbad?

Handtücher? Badeschlappen? Kannst Du getrost vergessen! Zweckmäßig sind bequeme temperatur- und wetterangepasste Kleidung, geländegängige Schuhe, Regenschutz ist (manchmal) nützlich. Ich empfehle außerdem, etwas zu trinken und eine wasserfeste Sitzunterlage mitzubringen. Waldbaden kann jede*r und es soll vor allem eines sein: zwanglos und unangestrengt.

Was empfehlen Deine Waldbegleiter*innen?

Wir gehen beim Waldbaden langsamer als bei einem gewöhnlichen Spaziergang oder einer Wanderung und machen häufiger Rast. Dazu biete ich Atem- und leichte Entspannungsübungen an – die auch daheim guttun. Sie sensibilisieren und öffnen die Sinne. Mit allen Sinnen wahrnehmen und staunen, Zeit mit sich und für sich zu genießen kann erfrischen, motivieren oder einfach glückliche Momente schenken. Probier es aus!

Reaktionen von Kursteilnehmenden zeigen, dass jede*r es anders erlebt, andere Aspekte hervorhebt. Ich möchte meine Erfahrungen mit Euch teilen und Euch dabei begleiten, neue Seiten der Natur und an Euch zu entdecken.

Wer es mag: ein bisschen Theorie

Shinrin Yoku ist die japanische Bezeichnung für „Eintauchen in die Atmosphäre des Waldes“. Ausflüge in den Wald gelten in Japan seit rund 40 Jahren als guter Lebensstil. „Waldmedizin“ ist dort ein etabliertes Forschungsgebiet. Zahlreiche Studien belegen inzwischen, dass der Aufenthalt im Wald wie eine gesundheitsförderliche Aromatherapie wirkt. Shinrin Yoku wird als Vorsorge vom Gesundheitswesen gefördert, es ist als Methode zum Stressmanagement anerkannt. In Deutschland werden Waldbaden-Kurse von den gesetzlichen Krankenkassen als Präventionsleistungen ebenfalls anerkannt.

Erwiesen ist, dass Aufenthalt und Bewegung im Wald das Hormonsystem positiv beeinflussen, das heißt Stresshormone reduzieren helfen, was den Blutdruck senkt und das Herz-Kreislauf-System schützt. Die Immunabwehr wird gestärkt, Farben und Licht wirken sich positiv auf die Stimmung aus. 

Erhöhte Luftfeuchtigkeit und Sauerstoffgehalt wirken ebenfalls günstig auf unseren Organismus ein. Vor allem Ruhe und das gedämpfte Licht tragen zu seiner Regeneration bei. Untersuchungen über Terpene, die Botenstoffe der Bäume, lassen vermuten, dass sie, über Haut und Atmung aufgenommen, unserem Körper ebenfalls guttun.